.weiss

auf der haut

 
 
 

2012 I video I 30 min


 

.zeit

warum stricke ich selbst? warum nicht einfach an die maschine setzen?

die maschine ersetzt nicht meine aktion!

alle gedanken, alles was ich erlebe in der zeit in der ich mit dem stricken beschäftigt bin wird mit dem kleid verbunden. eigentlich kleide, nein eigentlich kreiere ich mich durch alle erfahrungen die ich mache, alle eindrücke die ich habe, die ich wahrnehme, die ich verinnerliche und in meiner erinnerung behalte. auch die die ich wieder vergesse oder zu vergessen scheine machen einen teil des bildes aus das durch all diese faktoren entsteht. von mir selbst. von allem um mich. kleidung. meine zweite haut? eine wörtliche verbildlichung meines charakters? oder einfach schutz?

 
weiss.png
 

mein kleid ist weiss. weiss ist die farbe aller farben. die jedoch in ihrem ganzen als spektrum nur als neutrum von unserem auge nur als neutrum wahrgenommen werden können.

meine erinnerungen, meine wahrnehmungen, die gesammelten eindrücke sind ein total der welt die ich um mich wahrgenommen habe. 

mein gegenüber kann, muss, tritt er in kontakt mit mir, von dem weiss ausgehen in dem alle farben erhalten aber nicht zu sehen sind. genauso wie ich von seinem weiss ausgehen darf wenn ich ihn das erste mal wahrnehme. 

aber wie verhält es sich dann mit menschen die ich schon länger kenne, die mich teile ihrer farbskala haben erfahren lassen, mit denen ich selbst erlebnisse geteilt habe? nehmen wir erlebtes verschieden wahr? wieviel nehme ich von meinen gegenüber wahr? wie sehr unterscheidet sich meine wahrnehmung eines menschen von einem anderen? was bedeutet es, einen menschen zu kennen? kann ich überhaupt behaupten eine andere individuelle person je wirklich zu kennen?

das kleid ist nicht fertig. eine periode an der akademie kann nicht bedeuten eine sache abzurunden. erst recht nicht wenn es um ein symbol des lebens und erlebens als solches geht. es bedeckt am ende des videos meinen körper soweit. aber es geht weiter. ich nehme weiter wahr, verinnerliche, verdichte das netz der erlebnisse, kette das eine an das nächste wie die masche an die masche.

10 wochen habe ich gestrickt. bis jetzt. im unterricht, im atelier, unterwegs irgendwo hin, öffentlich, privat, intim, schauend, beobachtend, still, lernend, zuhörend, diskutierend, gelangweilt. ich kann mich an die momente erinnern. oder auch nicht. ich kann sie fühlen. zusammen umhüllen sie mich. aber niemand kann sie sehen. selbst ich nicht oder nicht mehr. manche. und doch machen sie einen teil von mir aus.

maastricht januar 2012



sophiakirst weiss 002.JPG
 
sophiakirst weiss.JPG
 
20210328-DSC_3785.JPG